Gechillt mit dem Laptop am Strand sitzen, einen Cocktail schlürfen und ein bisschen auf der Tastatur rumklimpern – so manch ein Digitaler Nomade möchte sein Nomadendasein im besten Licht präsentieren. Dass man auf dem Display aber nicht viel sieht, wenn die Sonne sich darin spiegelt, oder dass Sand in der Tastatur echt blöd ist, das wird dann eher nicht erwähnt. Auch ist ein effektives und konzentriertes Arbeiten am Strand vielleicht möglich, aber nicht für die Meisten.

Ich jedenfalls sitze drinnen im Wohnmobil, während ich diese Zeilen tippe, und draußen scheint die Sonne. Und ich saß die letzten beiden Tage auch schon drinnen, denn es hat geregnet. Gefangen auf 14 Quadratmetern, sozusagen. Gut, ganz so dramatisch ist es nicht. Vielmehr nutze ich die regnerische Zeit, die wir derzeit in Portugal haben, um einige Dinge zu schreiben, um dutzende Emails abzuarbeiten, um die Buchhaltung auf Vordermann zu bringen. Denn die meisten Aufgaben verschwinden nicht, egal ob man im Homeoffice, im Working Space, am Strand oder im Van arbeitet.


Reisen und/oder Arbeiten

Vereinbarkeit Langzeitreise und arbeiten von unterwegs

Reisen und gleichzeitig arbeiten, ein schwieriges Thema. Hier muss jeder seine Ideallösung finden. Wir handhaben es so: entweder wird heute gereist, ODER gearbeitet. Für beides ist der Tag zu kurz, er würde in Stress ausarten. Wenn wir also reisen, also mit dem Wohnmobil irgendwo hin fahren oder Sightseeing machen etc., dann ist dieser Tag dafür reserviert. Zumindest meistens, zumindest weitest gehend. Es wird so viel gemacht, dass sich die Arbeit nicht aufstaut. Und es werden vielleicht auch Dinge gemacht, die ich als angenehm empfinde. Wenn ich beispielsweise nach einer Stadtbesichtigung meine Fotos bearbeitet habe, lade ich sie vielleicht auch gleich auf meine Facebookseite hoch.

Meine Lösung: Reise ODER Arbeit.

Die Art der Arbeit …

Termindruck ist auf einem Roadtrip echt nervig. Warten Kunden auf die Ergebnisse deiner Arbeit, oder einfach nur darauf, dass du ihre Email beantwortest, dann wird es echt schwer, das Reisen zu genießen. Dann wird irgendwie beides stressig, die Reise und die Arbeit.

Ich bin daher im Laufe der Zeit dazu über gegangen, mich mehr und mehr von Kundenaufträgen zu lösen. Und mich mehr auf meine eigenen Projekte zu fokussieren. Eine bestimmte Arbeit dann zu erledigen, wenn man die Zeit und auch die Lust dazu hat – das bringt viel mehr Lebensqualität. In einer jeden Selbständigkeit, und für den digitalen Nomaden umso mehr.

Stell dir vor, du fährst an einen wunderbaren Ort. Der Strand lädt zu einem ausgiebigen Spaziergang ein, die Sonne brennt vom Himmel, du willst ins Wasser. Hast aber den vollen Posteingang und die drei Aufgaben im Kopf, die du heute noch erledigen solltest. Du musst jetzt damit anfangen, sonst wirst du nicht rechtzeitig fertig. Das ist doch unschön, oder?

Meine Lösung: Weniger Termindruck.

Das Homeoffice im Paradies

Probleme über Probleme? Nein, das täuscht. Es ist wunderbar unterwegs zu sein, und insbesondere das Homeoffice im Wohnmobil möchte ich nicht missen. Wir campen gerne in der Natur, und wissen die teils fantastischen Aussichten zu schätzen. Den Tag mit Meeresrauschen beginnen – oder damit, dass eine Schafsherde zum Frühstück vorbei kommt. Nach ein paar Stunden Arbeit die Hunde schnappen, um eine große Runde am Strand zu laufen. Etwas mehr arbeiten, wenn es regnet und stürmt – und etwas weniger, wenn die Sonne scheint. All dies ist möglich, man muss es sich nur möglich machen.

Ich rede jetzt vom Homeoffice im Wohnmobil. Wer mit dem Flugzeug reist, sich hier und da einmietet, hat freilich etwas andere Rahmenbedingungen. Aber auch der wird seinen eigenen Rhythmus finden.

Meine Lösung: Alles hat seine Zeit.

Speed oder Slow Travel

Ich kenne viele Langzeitreisende. Und fast alle – inklusive mir selbst – haben zu Beginn ihrer Reise einen „Fehler“ gemacht: zu schnelles Reisen. Wer jeden Tag oder auch alle zwei, drei Tage den Ort wechselt, der wird nie ankommen. Sondern erschlagen werden, von immer neuen Eindrücken.

Eine Langzeitreise hat nicht viel mit Urlaub zu tun. Du nimmst deine Arbeit mit auf die Reise, und für diese musst du dir auch entsprechend Zeit nehmen. Ebenso für das Verarbeiten von neuen Eindrücken. Fünf Tage Sightseeing in Lissabon – das kann man machen, aber nur, wenn danach genug Zeit bleibt um diese vielfältigen Eindrücke zu verarbeiten – und auch, um die liegen gebliebene Arbeit zu erledigen. Zumindest ich muss darauf achten, dass nach einer intensiven, aktiven Zeit auch eine Zeit des Müßiggangs folgt.

Meine Lösung: entschleunigen.

Der Fulltime-Job auf Reisen

Manche sind angestellt, andere machen sich vor oder während ihrer Langzeitreise selbständig. Was in jedem Fall nicht funktioniert, ist intensives Reisen und viel arbeiten. Der Tag ist dafür einfach zu kurz, und es wird nicht lange dauern, bis du ausgepowert bist. Reisen bedeutet auch, immer wieder neue Menschen kennen zu lernen. Es bedeutet, visuelle und akustische Reize in dich aufzunehmen. Es bedeutet, dich mit Problemen auseinander zu setzen, die du in einem sesshaften Leben nicht hast.

Sicher gibt es Phasen, in denen du mehr arbeiten möchtest oder musst. Ein neues Projekt, ein neuer Kunde, die Chance gutes Geld zu verdienen. Dann sollte das Reisen jedoch pausieren – damit du dich auch voll auf deine Aufgabe konzentrieren kannst. Ein Beispiel: Ich schreibe gerade diese Zeilen, designe diese Webseite – während wir mit dem Wohnmobil einfach da stehen bleiben, wo wir sind. Okay, wir befinden uns gerade in Coronazeiten, reisen können wir derzeit ohnehin nicht. Und genau das mache ich mir zu nutze – indem ich ein Projekt, das mir bereits länger im Kopf rumschwirrt, in Angriff nehme.

Meine Lösung: Fokusierung.